Informationsblatt für Patienten
Schilddrüsenüberfunktion
Wie merke ich, ob ich eine Schilddrüsenüberfunktion habe?
Viele Prozesse laufen schneller ab als gewöhnlich. So kann es zu innerer Unruhe, Nervosität, Schlaflosigkeit oder einem Zittern (Tremor) kommen. Häufig findet sich auch Herzklopfen oder Herzrasen, verbunden mit rascherer Ermüdung oder ausser Atem kommen bei Anstrengung. Das Risiko für das Auftreten von Herzrhythmusstörungen ist erhöht. Auch der Stoffwechsel ist beschleunigt. Dies zeigt sich in einer erhöhten Stuhlfrequenz oder Durchfall, ungewolltem Gewichtsverlust trotz gutem Appetit. Die Temperatur kann erhöht sein und es findet sich eine vermehrte Schwitzneigung und Hitzegefühl.
Bei der autoimmunen Überfunktion können die Augen mitbeteiligt sein. Hier kann sich eine Rötung, Juckreiz, ein Anschwellen der Bindehaut oder der Lider, ein Vorstehen des Augapfels mit Druckgefühl über den Augen zeigen oder die Augenbeweglichkeit kann eingeschränkt sein, was zu Doppelbildern führen kann.
Was gibt es für Ursachen der Schilddrüsenüberfunktion?
Die häufigsten Ursachen für eine Schilddrüsenüberfunktion sind:
- ‹ausser Kontrolle› geratene Schilddrüsenknoten (autonome Knoten), welche unabhängig von den Kontrollmechanismen und dem Bedarf zu viel Schilddrüsenhormone bilden.
- Erkrankungen des Immunsystems, welche die Schilddrüse betreffen
- Entzündungen der Schilddrüse (z.B. viral bei Thyreoiditis De Quervain, nach der Geburt). Die Überfunktion ist dann nur vorübergehend.
- Medikamentöse Ursachen z.B. Iod-haltige Medikamente oder Kontrastmittel
Wie behandelt man die Schilddrüsenüberfunktion?
Ob eine Therapie nötig ist, ist abhängig von der Ursache der Überfunktion. Grundsätzlich können folgende Therapieoptionen eingesetzt werden
Medikamente
- Thyreostatika sind Medikamente, welche die Hormonproduktion in der Schilddrüse bremsen. Sie werden zur Kontrolle der Schilddrüsenfunktion bei der Autoimmunen Überfunktion (M. Basedow), bei Schilddrüsenautonomie oder bei der Amiodaron-induzierten Hyperthyreose Typ 1 eingesetzt. Die Thyreostatika können Nebenwirkungen, wie einen allergischen Haut-Ausschlag, Leberentzündungen und Blutbildveränderungen verursachen, so dass die Leberwerte und das Blutbild unter der Therapie kontrolliert werden müssen.
- Beta-Blocker sind Tabletten, welche zur Kontrolle resp. Verbesserung von Symptomen wie Herzrasen, Schwitzen, Zittern eingesetzt werden können.
- Entzündungshemmer (NSAR) werden bei der schmerzhaften Entzündung der Schilddrüse (Thyreoiditis de Quervain) eingesetzt
- Kortisonpräparate sind in seltenen Fällen bei nicht durch Bakterien bedingten Schilddrüsenentzündungen nötig.
Radio-Jod-Therapie (Bestrahlung der Schilddrüse)
Bei der Radio-Jod-Therapie wird radioaktiv markiertes Jod gegeben, welches in den Schilddrüsenzellen aufgenommen und gespeichert wird. Durch die Strahlung werden die Schilddrüsenzellen zerstört und es erfolgt eine Inaktivierung der Schilddrüse. Das Ausmass des Schadens ist abhängig von der verabreichten Dosis. Je nach zu Grunde liegender Erkrankung werden unterschiedliche Mengen mit unterschiedlichem Ziel (völlige Zerstörung vs Erreichen einer Normalfunktion) gegeben. Dies kann bei kleinen Dosen ambulant erfolgen. Bei grösseren Mengen, muss dies in stationärem Rahmen auf Spezialabteilungen der Nuklearmedizin stattfinden. Der Wirkungseintritt der Therapie ist verzögert. So kann es in den ersten Wochen zu einer Verschlechterung der Überfunktion über Freisetzung von gespeichertem Hormon kommen. Erst nach ca 6-12 Wochen tritt langsam eine Unterfunktion oder Normalisierung auf. Der Effekt der Therapie kann erst nach 6 Monaten abschliessend beurteilt werden. Wird die Schilddrüse ganz inaktiviert, muss danach lebenslang das Schilddrüsenhormon in Form einer Tablette eingenommen werden. Die Radio-Jod-Therapie kann bei der autoimmunen Überfunktion (M. Basedow), bei autonom arbeitenden Schilddrüsenknoten oder in der Therapie von Schilddrüsentumoren zum Einsatz kommen. Die Therapie darf nicht bei schwangeren Frauen durchgeführt werden.
Operative Entfernung der Schilddrüse
- nicht alle Patienten mit Schilddrüsenveränderungen müssen operiert werden. Ob eine Operation durchgeführt werden muss, ist vom Krankheitsbild abhängig und wird jeweils individuell entschieden. Vor einer Operation sollte wenn möglich eine normale Schilddrüsenfunktion bestehen. Wenn nötig, wird dies mittels Medikamenten herbeigeführt. Das Operationsverfahren unterscheidet sich je nach vorliegendem Krankheitsbild und Ziel der Operation.
- bei einer knotig/zystisch veränderten Schilddrüse (= Struma nodosa/zystica) kann je nach Lage und Anzahl der Knoten/Zysten eine halbseitige oder vollständige Entfernung der Schilddrüse vorgenommen werden. Knotige Veränderungen müssen nur operiert werden, wenn aufgrund des Aspekts oder der Zellprobe der Verdacht auf ein bösartiges Leiden besteht, wenn die Knoten so gross sind, dass sie lokale Beschwerden wie Schluckstörungen, Atemnot verursachen oder wenn sie eine Schilddrüsenüberfunktion (Autonomie) verursachen.
- bei einer autoimmunen Überfunktion (M. Basedow) wird die ganze Schilddrüse entfernt
- bei bösartigen Erkrankungen der Schilddrüse werden die ganze Schilddrüse sowie in der Umgebung befindliche Lymphdrüsen entfernt.
- Vor der Operation findet ein Gespräch mit dem Narkosearzt statt und es wird eine Überprüfung der Stimmbandfunktion durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt angemeldet.
- Die Operation wird in Vollnarkose durchgeführt.
- Im Rahmen der Operation müssen folgende Komplikationen beachtet und vermieden werden
- Stimmbandlähmung: während der Operation wird der Stimmbandnerv vorsichtig freipräpariert und die Funktion mittels eines Nervenstimulators (= Neuromonitoring) überprüft. Kommt es dennoch zu einer Stimmbandverletzung kann eine Heiserkeit auftreten. Die Rate an bleibenden Schäden am Stimmbandnerven sollte in erfahrenen Händen unter 1% liegen.
- Unterfunktion der Nebenschilddrüsen: die Nebenschilddrüsen werden wenn möglich an Ort und Stelle belassen. Wenn sie entfernt oder durch eine Minderdurchblutung geschädigt werden, kann das Calcium im Blut absinken, da das regulierende Hormon (Parathormon) nicht oder in ungenügendem Mass hergestellt werden kann. Es treten Symptome wie Kribbeln in den Fingern oder um den Mund, sowie Muskelkrämpfe auf. Die Unterfunktion der Nebenschilddrüse kann durch Calcium und Vitamin D-Präparate behandelt werden. Auch hier sind bleibende Schäden sehr selten. Das Calcium wird bei vollständiger Operation der Schilddrüse routinemässig am ersten postoperativen Tag kontrolliert.
- Der Krankenhausaufenthalt zur Operation einer Schilddrüse liegt bei 2 bis max. 4 Tagen. Essen und Trinken ist noch am Operationstag nach der Operation erlaubt. Duschen ist ab dem 1. postoperativen Tag möglich, Baden und Schwimmen nach 2 Wochen. Leichte sportliche Aktivitäten empfehlen wir, frühestens nach 1 Woche aufzunehmen, mit Krafttraining sollte 2 Wochen gewartet werden. Je nach beruflicher Tätigkeit fällt die Arbeitsunfähigkeit unterschiedlich aus. Sie beträgt ca 1-2 Wochen.
- wird die ganze Schilddrüse entfernt, wird unmittelbar nach der Operation mit einer Schilddrüsenhormon-Ersatztherapie begonnen. Wird nur die Hälfte der Schilddrüse entfernt, ist die Versorgung des Körpers mit Schilddrüsenhormonen durch die verbleibende Schilddrüsenhälfte in den meisten Fällen gewährleistet.
- Nachsorge: Die unmittelbare Wundkontrolle kann beim Hausarzt in der Woche nach der Operation stattfinden. Wir führen nach 6 Wochen eine erste Kontrolle hinsichtlich des Hormonhaushaltes durch, um die Funktion der Schilddrüse und der Nebenschilddrüse zu überprüfen und bei Bedarf die Medikamente anzupassen. Bei stabiler Einstellung sind einmal jährliche Kontrollen ausreichend. Diese können ebenfalls wieder in der hausärztlichen Praxis erfolgen.